Ich erinnere mich an diesen Tag vor 17 Jahren, ich war gerade 18, als wäre er gestern gewesen. Ich schminkte mich gerade bei meiner besten Freundin, in dessen Geburtstag wir in ein paar Stunden reinfeiern wollten. Es war ca. 21 Uhr, wir waren fröhlich und ausgelassen, als mein damaliger Freund plötzlich unten vor ihrer Tür stand. Zwischen uns kriselte es, ich trennte mich gerade von ihm, und ging runter, um zu erfahren, warum er mich hier aufsuchte. Er nahm mich in den Arm und sagte mir, meine Mutter sei Tod.
Sie lebte schon 3 Jahre mit ihrem Freund, der sie mit ihrer ALS-Erkrankung wie ein Engel pflegte, in Berlin und ich hatte sie schon einige Monate nicht gesehen.
Ich weiß wie ich, ohne Geräusch schrie und zu Boden sank. Mitten auf der Straße. Ich lag einfach am Boden und konnte kaum atmen. Dieser Moment, ich werde ihn nie vergessen. Und während ich das schreibe, rennen die Tränen über mein Gesicht, denn es stimmt nicht, das Zeit die Wunden heilt. Ich fühle diesen Moment, jedes Jahr aufs Neue, als wäre es gestern gewesen. Und so unglaublich das klingt, ich habe nun schon mehr Jahre ohne Mutter gelebt, als mit.
Die nächsten Tage verbrachte ich wie in Trance auf dem Bett liegend und weinend. Es folgten schmerzhafte Monate. Ich nahm fast 20 kg ab und wog am Ende 44 kg. Mein Körper war schwach und ich fiel oft in Ohnmacht. Überall. Auf der Straße, in der U-Bahn, einfach überall. Das machte mir Angst und es entwickelte sich eine Angstneurose, weshalb ich das Haus nicht mehr verließ. Ein schlimmer Teufelskreis. Weit entfernt von meiner Familie in Paris und New York.
Als ich dann, vom Vater meiner jetzigen Kinder, schwanger wurde und eine Fehlgeburt erlitt, nahm das Drama seinen Lauf. Meine zwei geliebten Tanten aus Paris und New York kamen um mich zu pflegen.
Mit der neuen Schwangerschaft und der Geburt von Jamila geht es wieder aufwärts.
Als vorgestern mein Vater dann mit Herzproblemen ins Krankenhaus kam (ihm geht es jetzt wieder gut und er wird morgen entlassen), am gleichen Tag an dem meine Mutter vor 17 Jahren das erste mal ihr Beatmungsgerät bekam, kam dieses Gefühl von vor 17 Jahren wieder in mir auf.
Und heute?
Heute bin ich eine starke Frau, die gelernt hat mit Verlusten zu leben. Ich bin sehr sensitiv, was das Thema Krankheit, Tod und Alleinsein betrifft. Ich bin an diesen Herausforderungen meines jungen Lebens gewachsen und liebe es für meine Mitmenschen ein Zuhause zu schaffen, eine Familie. Ich liebe mein Leben, und das, was meine Mutter mir mitgegeben hat:
Immer zu lachen, egal wie schwer es sein mag, an Träume zu glauben und sie zu leben, stark zu sein für meine Kinder, das Positive in allem erkennen, Familie zu schätzen und Freundschaften zu pflegen, mich selber lieben, so wie sie es tat.
Ich bin dankbar, für 18 Jahre, die ich mit Mama leben durfte. Ich bin dankbar einen Vater zu haben, der mich liebt.
Bis bald Mama, Du bleibst unvergessen!


